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70 Kronen für weibliche Würde

Von Juliane Brumberg

Südtiroler Forscherinnen haben einen interessanten Band zu spirituellen Frauentraditionen ihrer Heimat herausgegeben. Darin geht es um viel mehr als um Heimatgeschichte.

Coverfoto Gott,weiblich

Cover des Arunda-Bandes Gott, weiblich. Foto: Margot Christandl + Ida Prinoth

„Gott, weiblich“ haben die Südtirolerinnen um die Herausgeberin Astrid Schönweger ihren ausgesprochen ästhetisch gestalteten Band zur Frauenkultur Südtirols genannt. Sie haben damit ganz bewusst angeknüpft an die gleichnamige Ausstellung, die aus der Schweiz kam, in Deutschland schon in Rottenburg und Bamberg zu sehen war und demnächst auch in Heidelberg gezeigt wird. Ein Beitrag des Buches, verfasst von Silvia Schroer, die an der Konzeption der Ausstellung beteiligt war, beleuchtet deren Erfolgsgeschichte.

Und in der Tat passen das Motto „Gott, weiblich“ und auch der Inhalt der Ausstellung gut zu den Themenkreisen, über die die Südtirolerinnen in ihrer Heimat geforscht haben. War doch Südtirol einerseits ein klassisches Durchzugsgebiet, in dem sich viele Kulturen vermischt haben und bot andererseits durch abgelegene Bergtäler Raum dafür, dass sich alte (weibliche) Traditionen erhalten konnten. Und genau um diese geht es.

An Hand der kundig geschriebenen Aufsätze von Archäologinnen, Historikerinnen, Kunsthistorikerinnen sowie Theologinnen, Frauenforscherinnen und Museumsfachleuten ergeben sich Einblicke in die Entwicklung des Frauenbildes und der weiblichen Spiritualität von der Frühzeit bis in die heutige Zeit. Im ersten Teil des Buches werden weibliche Gottheiten und Kulte vorgestellt, die in unseren Breitengraden lange vor dem christlichen Gott existierten, der zweiten Teil behandelt die Spuren derselben im Christentum und die weibliche Seite des christlichen Gottes. Der dritte Teil widmet sich weiblichen Identitätsentwürfen von heute, die auf diesen verschütteten und wiederentdeckten Spuren entwickelt wurden sowie der Suche nach einer selbständigen, eigenmächtigen weiblichen Spiritualität. Namhafte Autorinnen wie z.B. Amei Lang, Ulrike Kindl, Alexandrine Eibner oder Erni Kutter haben den archäologischen, kunsthistorischen und kulturgeschichtlichen Horizont ausgelotet und geschrieben über: Reitia, der Göttin der Räter, die Frau in der Sage, ihr Wirken auf der Alm, die Schwarze und Grüne Madonna, die Kummernus, darüber, wie der Dreifrauenkult entstand und was ihn mit dem Kloster Marienberg verbindet. Dazu kommen Artikel von der Herausgeberin Astrid Schönweger über die Rolle der Frau als Heilerin in der Volksmedizin oder von Irene und Käthe Hager von Strobele über Frauen auf der Alp. Unverkennbar die Absicht, eine Beziehung von dem, was früher war zum heute herzustellen.

Kronenlegung in Leutstetten/Obb.

In einer kleinen Kapelle in Leutstetten/Obb. wurden die drei Bethen mit einer Krone geehrt. Foto: Ida Prinoth

Ein außergewöhnliches Projekt schließlich, auf das schon das Titelbild – eine glänzende Krone – hinweist, wird im letzten der 13 Beiträge von Ida Prinoth beschrieben: ein stilles leises Projekt, das Kronenprojekt. Die Krone steht für weibliche Macht und Würde. Im Laufe von zwei Jahren nun haben 7 Frauen insgesamt 70 kleine, goldene Kronen an ganz verschiedenen Orten, nicht nur in Südtirol sondern zwischen Catania und Riga abgelegt, um dort Frauen ihre Würde zurückzugeben und die Plätze neu zu beleben. Eine kreative Idee, um mit dem geistigen und spirituellen Erbe unserer Vorfahrinnen in Beziehung zu gehen!

So wie das Kronenprojekt ist das ganze Buch ist eine gelungene Initiative, entstanden im Umfeld des Meraner Frauenmuseums.

Gott, weiblich; Hrgs. v. Astrid Schönweger und dem Frauenmuseum Meran, Löwenzahn Verlag Innsbruck 2010, 183 S., 25 Euro, ISBN-13: 9783706624718.


Autorin: Juliane Brumberg
Redakteurin: Juliane Brumberg
Eingestellt am: 23.10.2010
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