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Rubrik unterwegs

Frauen, die Grenzen markieren und Klarheit ausstrahlen

Von Juliane Brumberg

„In Weikersheim ist eine Skulpturenschau, habt Ihr Lust mitzukommen“, fragte eine Freundin. Wir hatten Lust, ohne zu wissen, was dort wohl für Skulpturen auf uns warten würden. Auf dem Markplatz des tauberfränkischen Städtchens unweit der Autobahn Würzburg-Heilbronn zeigte sich, dass es sehr selbstbewusste Frauenfiguren sind, die dort noch bis zum 24. September 2017 von Einheimischen und Tourist_innen bewundert werden können. Ich habe selten Frauen gesehen, die so würdevoll ihren Platz einnehmen und so markant ihre Grenzen zeigen. Niemand, dem eine Frau so klar entgegentritt, wie diese Skulpturen, käme auf die Idee, sie anzugrapschen oder auf ihre Sexualität zu reduzieren – obwohl die Kunstwerke auf dem Marktplatz durchaus Nacktheit durchscheinen lassen.

Es ist ein Genuss, sie anzusehen. Die Frauen sind attraktiv, zäh und durchtrainiert, ohne aber Kraftprotze zu sein. Damit spiegeln sie bis zu einen gewissen Grad auch den heutigen Zeitgeist wieder, der geprägt ist von Fitnessstudios und Yogakursen, mit deren Hilfe junge (und ältere) Frauen ihren Körper in Form halten.

Das besondere aber ist eine Körpersprache, die vielen Frauen nach mehr als 2000 Jahren Patriarchat verloren gegangen ist. Für mich sind die Skulpturen Vorbild für eine Klarheit im Körperausdruck, die keine Übergriffe zulässt. Weder ablehnend noch abweisend, eher wach in die Welt blickend oder auch mit geschlossenen Augen aufmerksam lauschend, zeigen die lebensgroßen Bronzeskulpturen eine unglaubliche innere Stärke und machen deutlich, dass die Grenzen um ihre Aura einzuhalten sind. Ohne zu wissen, ob ihre Schöpferin dies beabsichtigt hat, zeigen sie mir auch: Wenn Frauen so auftreten, ist das Patriarchat zu Ende! Denn diese Frauen nehmen sich die Freiheit, selbst über ihr Leben zu entscheiden, und lassen sich nicht in irgendwelche Rollenmuster hineindrängen.

Es ist die zehnte Skulpturen.Schau! in Weikersheim. Aus Anlass dieses Jubiläums hat die Stadt die Bildhauerin Malgorzata Chodakowska gewinnen können. Im Internet finde ich ihre Homepage und weitere Informationen über sie, erfahre, dass sie 1965 in Polen geboren wurde, 1990 nach Deutschland kam und jetzt in der Nähe von Dresden lebt. In Dresden stehen auch etliche Skulpturen von ihr. Fast immer sind es Frauen. In einem Youtube-Filmchen erzählt sie, dass Männer ihr eher angrogyn geraten und sie sich deshalb lieber auf Frauen konzentriert. Sie glaubt an das Gute und Schöne im Menschen, und ich finde, das sieht man ihren Figuren an. Am liebsten bearbeitet die Bildhauerin Holz. Skulpturen, die im Freien stehen, werden in Bronze gegossen. Und dann entdecke ich da noch Fotos von ihren Springbrunnnen, man könnte auch sagen, „weibliche Springbrunnen“, bei denen sie das Wasser als Gestaltungselement einsetzt. Einen dieser Springbrunnen haben wir auch am Ende unseres Rundweges durch Weikersheim entdeckt: Es ist ein Engel in der Tauber.

Beeindruckt ziehen wir von dannen. Wer sich von Malgorzata Chodakowskas selbstbewussten und würdevollen Skulpturen inspirieren lassen möchte, sollte die Gelegenheit nutzen und nach Weikersheim fahren. Ansonsten lohnt sich sicher auch eine Reise nach Dresden…

Fotos: Juliane Brumberg

 

Autorin: Juliane Brumberg
Redakteurin: Juliane Brumberg
Eingestellt am: 01.09.2017
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Kommentare zu diesem Beitrag

  • Christine Wartberg sagt:

    Danke für den Hinweis,die Bilder und die Zusatzinformation über die Künstlerin.
    Bedenkens-wert finde ich den Kommentar dazu. Aussagen wie “Niemand, dem eine Frau so klar entgegentritt, wie diese Skulpturen, käme auf die Idee, sie anzugrapschen oder auf ihre Sexualität zu reduzieren” “Für mich sind die Skulpturen Vorbild für eine Klarheit im Körperausdruck, die keine Übergriffe zulässt.” “Wenn Frauen so auftreten, ist das Patriarchat ist zu Ende!” udgl. Das geht nähmlich an der Realität von sehr vielen, selbstbewussten Frauen vorbei. Wenn mit Übegrifen nur sexuelle gemeint sind, würde das intendieren, Frauen der Übergriff ist selbstgemacht – habt euch wohl zu wenig abgegrenzt. Gleichzeitig weiß ich aus eigener Erfahrung, dass klares Auftreten nicht reicht um als Frau nicht als Sexualobjekt gesehen zu werden.
    Außer Acht gelassen werden dabei auch alle anderen Formen von Übergriffen, die Frauen noch immer erleben, gerade auch weil sie selbstbewusst auftreten und sich nicht Männern unterordnen.

  • Juliane Brumberg sagt:

    Danke für die Rückmeldung. Auf keinen Fall möchte ich implizieren, Übergriffe auf Frauen seien selbst verursacht. Und sicher, es wird in männlich dominierten Systemen immer wieder versucht, selbstbewusste oder sich abgrenzende Frauen auf verschiedenste Weise klein oder lächerlich zu machen. Trotzdem weisen diese Figuren für mich in eine Richtung, die das Patriarchat zerbröseln lässt. Ich denke, es lohnt sich auszuprobieren, was solche Körperhaltungen mit uns selber machen.

  • chris sagt:

    Ich schliesse mich meiner vorherigen Kommentatorin an und füge noch hinzu:
    Zitat: „….damit spiegeln sie bis zu einen gewissen Grad auch den heutigen Zeitgeist wieder, der geprägt ist von Fitnessstudios und Yogakursen, mit deren Hilfe junge (und ältere) Frauen ihren Körper in Form halten……“ Ich bezweifel, dass unser heutiger Zeitgeist von o.g. geprägt ist + und dass die Frauen heute alle Sport machen und nur um nur ihren Körper in Form zu halten?

    Zitat: „…..Das besondere aber ist eine Körpersprache, die vielen Frauen nach mehr als 2000 Jahren Patriarchat verloren gegangen ist….” Es ist widersprüchlich zu oben und inhaltlich schwer nachvollziehbar bzw. Gegenfrage: wie war denn die weibliche Körpersprache der letzten 2000 Jahre?

    Trotzdem ist die künstlerische Arbeit schön anzusehen + Danke für ausführlichen Infos darüber.

  • claudia l. sagt:

    Und sehr beeindruckend die selbstbewußt nackte frau vor der kirche in weikersheim, die mit blumen geschmückt war. Schade, dass ich kein bild davon in den kommentar geben kann.
    Herzlichst

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