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Martin Luther und die Hexen

Von Juliane Brumberg

Fotos: Juliane Brumberg

Fotos: Juliane Brumberg

Das Reformations-Jubiläumsjahr hat begonnen und die Evangelischen Kirchen überschlagen sich, dieses Ereignis öffentlichkeitswirksam zu inszenieren. Martin Luther wird gefeiert, kritische Aspekte bezüglich des Reformators werden umschifft. Reformatorische Bemühungen, die den heutigen evangelischen Kirchen gut anstehen würden, sind nicht zu erkennen.

Umso spannender, wenn die Person Martin Luthers in einem nicht klerikalen Rahmen beleuchtet wird. Das ist noch das ganze Jahr 2017 im (privaten) Kriminalmuseum in Rothenburg ob der Tauber der Fall. Seit Mai 2016 läuft dort die Ausstellung „Mit dem Schwert oder festem Glauben – Martin Luther und die Hexen“.

Die Besucherin merkt, dass der Ausstellungsmacher und Leiter des Kriminalmuseums, Dr. Markus Hirte, Jurist ist und sich in der Materie auskennt. Anliegen dieser Ausstellung ist es weder, Martin Luthers als Hexenverfolger anzuprangern noch seinen Hexenglauben zu verharmlosen. Vielmehr trägt sie dazu bei, verständlich zu machen, wie und warum es europaweit zu einem Hexenprogrom unvorstellbaren Ausmaßes kommen konnte und in welchen Regionen  besonders viele Fälle von Hexenverfolgung vorkamen. Die Ausstellung ist nicht feministisch-parteilich, es geht eher um eine sachliche historische Aufarbeitung.

Auch wenn das idyllische Tauberstädtchen Rothenburg als Tourismushighlight für Europareisende aus Übersee in Deutschland eher ein bisschen “verbrannt“ ist, so lohnt sich doch ein Ausflug dorthin entlang der romantischen Straße zwischen Würzburg und Ulm. Abgesehen von den mittelalterlichen Mauern und den landschaftlichen Besonderheiten findet die aufmerksame Beobachterin zum Beispiel in der Stadtkirche St. Jakob oder in der kleinen romanischen Dorfkirche St. Peter und Paul von Detwang zu Füßen Rothenburgs bemerkenswerte Frauenaltäre. Leider müssen sie hinter der berühmten Riemenschneider-Schnitzkunst zurückstehen und werden in den Kirchenführern nicht weiter erwähnt.

Auf dem Weg zur Hexenausstellung muss zunächst das Kriminalmuseum mitten in der Stadt mit seinen vielen mittelalterlichen Folterinstrumenten durchquert werden. Im Nachbargebäude lockt dann die Sonderausstellung mit akustischen Einspielungen von sausendem Wind und flüsternden Stimmen und sorgt für eine spannungsgeladene Atmosphäre. Eine elektronische Landkarte mit Touchscreen führt in den Alpenraum und zeigt mit lodernden Feuern, dass es erste Verfolgungen wegen Hexerei schon vor der Reformation gab. Die historische Einführung in eine Zeit, in der die Menschen an Schadenszauber und Pakte mit dem Teufel glaubten, ist gut gemacht und informiert darüber, dass ursprünglich Männer wie Frauen wegen Hexerei angeklagt wurden. Erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren es zunehmend Frauen, die als Hexen verfolgt wurden.

martin_lutherIn diesem von Aberglauben geprägten Umfeld wuchs auch Martin Luther auf und er glaubte wie die Augustiner an den Teufel. Auf über 40 Tafeln erfahren wir klar und einfach formuliert vieles über die Rechtsprechung der damaligen Zeit, über Missstände in der Kirche sowie über Luther als Reformator und als tief gläubigen und doch auch zweifelnden Menschen. Bei seinen Tischgesprächen ging es immer wieder auch um den Hexenglauben, es sind allein 50 verschiedene Bezeichnungen überliefert, mit denen Luther Hexen umschrieb. Außerdem gibt es eine sehr scharfe Predigt von ihm, in der er die Todesstrafe für Zauberinnen fordert. Ansonsten aber rief er dazu auf, den Hexenglauben nicht zu überschätzen und versuchte, ihn einzudämmen. Martin Luthers Strategie war, der Hexerei nicht mit Magie, sondern mit Glaubensstärke zu begegnen.

Insgesamt ist die Ausstellung informativ und erklärend, nicht anklagend. Sie informiert über Männer als handelnde Akteure in Politik und Geschichte. Frauen  kommen, wie so oft, als Opfer oder Dienstleisterinnen vor. Das sollte jedoch nicht davon abhalten, im Lutherjahr gerade diese Ausstellung zu besuchen, um das Bild des hochgerühmten Reformators mit der etwas düsteren Facette zu vervollständigen.

kriminalmuseum_rothenburgMittelalterliches Kriminalmuseum Rothenburg, Burggasse 3-5, www.kriminalmuseum.eu, Öffnungszeiten täglich: April bis Oktober 10 – 18 Uhr, November bis März 13 – 16 Uhr.

Im Februar 2017 erscheint ein Ausstellungskatalog für 14,95 Euro, der im Museumsshop bestellt werden kann: oder telefonisch unter: 09861/5359.

Autorin: Juliane Brumberg
Redakteurin: Juliane Brumberg
Eingestellt am: 10.01.2017
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Kommentare zu diesem Beitrag

  • Brunhild Krüger sagt:

    Liebe Frau Brumberg,
    herzlichen Dank für diese Information.
    Ein Hinweis: der Link auf das Kriminalmuseum ist falsch ( muss am Ende “m” statt “n” heißen).
    Herzlichst
    B. Krüger (Lutherstadt W.)

  • Dagmar Gruß sagt:

    Vielen Dank für die Information, die ich dankbar entgegennehme,
    dazu noch eine weitere:
    Die drei Bonner Kirchenkreise unterstützen ein Projekt der Frauenbeauftragten des Ev. Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel, Sabine Cornelissen, und der Synodalbeauftragten für Frauenfragen des Ev. Kirchenkreises Bonn, Dagmar Gruß, mit dem Titel “Festival der Reformatorinnen” – eine dreistündige Theaterveranstaltung mit Renaissancemusik incl. Pause mit mittelalterlichem Essen. Es kommen Katharina von Bora, Katharina Schütz, Olympia Fulvia Morata, Wibrandis Rosenblatt, Elisabeth Cruciger, die Täuferin Elisabeth Hecklerin, Argula von Grumbach, Anna Stolberg, Ursula von Münsterberg, Ursula Weyda, Caritas Pirckheimer, Elisabeth von Calenberg-Göttingen u.a. ins Gespräch und präsentieren sich als Reformatorinnen mit eigenem theologischem Profil.
    Wieder ein Versuch, das Reformationsjubiläum als Feier einer Bewegung in die Neuzeit zu begehen und nicht zu einem Heldenepos verkommen zu lassen …
    Viele Grüße,
    Dagmar Gruß, Pfrn.
    Dagmar Gruß

  • Eveline RATZEL sagt:

    Noch eine Info zum Lutherjahr
    Herr Hasselhorn, Organisator der Festivitäten, hat auf Wunsch nach einem Beitrag von Mary Daly von mir das tape mit einer Rede von Daly bekommen. In all dem Geluthere wird also ihre Stimme (und die von Erika Wisselinck) ertönen.
    Ist doch was, oder?
    Liebe Grüsse und ein bewegtes 2017 wünscht
    Eveline

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