beziehungsweise – weiterdenken

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Rubrik Blitzlicht

KÜCHENGESCHICHTE(N) – Von der Steckdose zum Display

Von Jutta Pivecka

Mitteleuropäische Küche,
Anfang des 21. Jahrhunderts

Ankündigung einer neuen Serie auf bzw-weiterdenken:

Wie Haushaltsgeräte die Care-Arbeit verändert haben…und verändern werden

„Der Haushalt … ist geeignet als Modell für die ganze Welt, denn wie der Haushalt so ist auch die Welt eine Behausung, die allen Menschen in Geburtlichkeit, Sterblichkeit, Bedürftigkeit und Verletzlichkeit gewisse Grenzen auferlegt und ihnen gleichzeitig eine Fülle von Möglichkeiten eröffnet, in Abhängigkeit frei tätig zu werden.“, heißt es im „ABC des guten Lebens“. Der HAUSHALT erscheint im Text vor allem als sinnstiftender (metaphorischer?) Rahmen menschlicher Existenz, gerade auch um den Begriff zu erweitern über den konkreten privaten Haushalt hinaus, in dem eine mit anderen zusammen wohnt, kocht und schläft. Damit will sich diese Verständnis von Haushalt abgrenzen gegen ein verkürztes modernes Verständnis der Haushalte „als markt- und damit einkommensabhängige private Konsumeinheiten“.

Der historische Kontext, in den der (zugegeben: sehr kurze) Text den Haushalt stellt ist dabei schlicht: Es gibt eine jahrhundertelange patriarchale Phase, in der der Haushalt dem männlichen Staatsbürger die (Pseudo-)Unabhängigkeit sichert, bevor der Begriff im kapitalistischen Zeitalter die oben zitierte Bedeutung annimmt. Wie die Industrialisierung diesen Haushalt von innen heraus konkret verändert hat und damit auch die Beziehungen und Gestaltungsspielräume der im Haushalt zusammen lebenden Menschen, gerät hier nicht in den Blick. Dabei ist doch gerade die im Haushalt verrichtete (Care-)Arbeit in nicht zu überschätzender Weise durch die mit der Industrialisierung verbundene Elektrifizierung erleichtert und beschleunigt worden.

Heute stehen wir an einem weiteren technologischen Wendepunkt der Geschichte. Die Digitalisierung wird vor dem privaten Haushalt nicht Halt machen, vielmehr wird er bereits auf vielen Ebenen durch diese revolutioniert. Wenn er als „Modell für die ganze Welt“ dienen kann, lohnt sich daher m.E. der Blick zurück auf die Veränderungen, die die Elektrifizierung im Haushalt ausgelöst hat. Genauso wichtig scheint mir die Formulierung unserer Erwartungen und Hoffnungen gegenüber den Veränderungen, die durch die Digitalisierung möglich werden können. Was bedeuten uns bestimmte (meist elektrische) Haushaltsgeräte, wie haben sie das Arbeiten im Haushalt und die Beziehungen der im Haushalt lebenden Menschen zueinander verändert? Was wünschen wir uns von digital gesteuerten Geräten im Haushalt? Was befürchten wir von ihrem Einsatz?

Mit diesem BLITZLICHT möchte ich eine Serie auf bzw-weiterdenken.de ankündigen, die die Veränderungen bewusst vom Detail aus, in diesem Falle also vom einzelnen Haushaltsgerät und seiner Bedeutung für unser Leben und Arbeiten im Haushalt her, denkt. Vielleicht, aber nicht zwingend wird am Ende dieser Serie sich ein Fazit ergeben, dass den größeren Zusammenhang herstellt zur Art des Produzierens und Konsumierens in unserer Gesellschaft.

Beginnen soll die Serie mit dem HERD. 

(Eure, der Leserinnen, Hinweise, Wünsche, Eindrücke, Erinnerungen in den Kommentaren sollen in die künftigen Artikel einfließen. Ich bin gespannt! Geplant sind bisher als weitere Serienthemen: KÜHLSCHRANK, ELEKTROMIXER, STAUBSAUGER, KAFFEEMASCHINE – und – auf besonderen Wunsch von Antje Schrupp – der THERMOMIX. Weitere Vorschläge sind willkommen!)

PS: Inzwischen erschienen:
Der Herd
Der Kühlschrank
Das Bügeleisen
Die Waschmaschine
Der Mixer
Die Getreidemühle
Die Geschirrspülmaschine
Das Handrührgerät
Die Kaffeemaschine
Der Thermomix
Der Wasserkocher
Der Staubsauger
Die Mikrowelle
Der Staubsauger-Roboter
Die Nähmaschine

Autorin: Jutta Pivecka
Eingestellt am: 29.10.2021
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Kommentare zu diesem Beitrag

  • Anne Lehnert sagt:

    Das ist eine umwerfende Idee. Mich irritierte, dass ich auf den ersten Blick nur Küchengeräte entdeckte. Dann fiel mir der Staubsauger auf.
    Mir fehlt in der Reihe der Haushaltsgeräte, die große Veränderungen brachten, auf jeden Fall die Waschmaschine.
    Den Wasserkocher finde ich auch eine Erleichterung, aber im Verhältnis nur eine geringfügige. Und, zwiespältig, solche Wischkonstruktionen, durch die man das Tuch nicht selbst auswringen muss und trockene Hände behält.

  • Anne Lehnert sagt:

    Spülmaschine, Wäschetrockner, jedenfalls für größere Haushalte…

  • Jutta Pivecka sagt:

    Liebe Anne Lehnert, Du hast vollkommen recht. Es sollte sich die Serie nicht auf Küchengeräte beschränken. Ich ging und gehe von dem aus, was für mich ganz unmittelbar bedeutsam ist im Alltag. Die Waschmaschine gehört selbstverständlich dazu, vielleicht noch die Spülmaschine. Mit Wäschetrocknern habe ich gar keine Erfahrung – und denke, dass ich – nachdem unser Familienhaushalt nach dem Auszug der Söhne auf 2 Personen geschrumpft ist – auch keine mehr machen werde. Wärest Du interessiert einen Artikel dazu zu schreiben? Ich würde mich freuen.

  • Anne Lehnert sagt:

    Liebe Jutta, über den Wäschetrockner und ggf. auch die Spülmaschine kann ich gern etwas schreiben.
    Jedenfalls wenn es ein bisschen Zeit hat und ich vor allem über meine Erfahrungen schreiben kann. Die Erwartungen an die Digitalisierung finde ich auch spannend, wobei ich da eher zu Skepsis neige. Und die historische Perspektive interessiert mich generell auch, ich weiß darüber aber wenig und kann nicht garantieren, dass ich Zeit haben werde, mich dazu einzulesen…

  • Jutta Pivecka sagt:

    Liebe Anne, ich gehe auch zunächst einfach von meinen Erfahrungen aus, wenn ich über die Geräte schreibe. Dabei erhoffe ich mir, dass andere Frauen in den Kommentaren die ihren ergänzen, Widersprüche aufzeigen, eigene Ansprüche und Erwartungen darlegen. Gerade so kann ja erst ein Panorama erstehen, das ich mir wünsche. Deshalb halte ich es für gar kein Problem, wenn ein Artikel selbst nicht “alles” abdeckt (kann er ja sowieso nie)! Also: Ich freue mich, wenn Du über den Wäschetrockner und die Spülmaschine schreibst. Momentan schreibe ich über den Herd und ich merke eher, dass ich – wenn ich einmal angefangen habe – aufpassen muss, dass ich nicht vom Stöckchen aufs Bäumchen komme und der Text vollkommen ausufert… LG

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