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Rubrik Blitzlicht

Abtreibung ist Menschenrecht. Vergewaltigte Frauen aus der Ukraine brauchen JETZT Hilfe!

Von Jutta Pivecka

Seit es der ukrainischen Armee gelungen ist, die russischen Besatzer aus den Gebieten nördlich von Kiew zu befreien, berichten immer mehr Frauen und Mädchen davon, dass sie von russischen Soldaten vergewaltigt wurden. Die ukrainische Aktivistin Kateryna Cherepakha sprach vor dem UN-Sicherheitsrat von Massenvergewaltigungen, von Töchtern, die vor den Augen der Familie und von Müttern, die in Anwesenheit der Kinder vergewaltigt worden sind. Vergewaltigungen als Kriegswaffe, um die Opfer zu demoralisieren und zu demütigen, sind in vielen Kriegen systematisch eingesetzt worden. Seit 2008 wird Vergewaltigung von den Vereinten Nationen als Kriegswaffe angesehen und soll als Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit geahndet werden. Anders als noch im Bosnien-Krieg scheint es in der Ukraine nicht zu einer Stigmatisierung der betroffenen Frauen zu kommen. 

Doch nicht wenige ukrainische Frauen sind nach einer Vergewaltigung damit konfrontiert, schwanger zu sein. Besonders dramatisch ist das für diejenigen von ihnen, die nach Polen fliehen konnten. Kein anderes Land hat so viele Frauen aus der Ukraine aufgenommen wie Polen. Doch das rigide Abtreibung(un-)recht in Polen verbietet ihnen die Abtreibung, auch nach einer Vergewaltigung. In Polen kümmert sich u.a. die Aktivistinnen-Organisation Aborcyjny Dream Team darum, diesen Frauen zu helfen, damit sie ihr Menschenrecht auf körperliche Selbstbestimmung wahrnehmen können.

Instagram: https://www.instagram.com/p/CcnUKoXohbo/

Auf dem Instagram-Account von ProChoice sind Hilfsorganisationen aufgeführt, die vor Ort in der Ukraine und Polen Frauen helfen: https://www.instagram.com/p/CcDyjbsMzmq/ und um Spenden bitten.

Eine andere Organisation, die sich um die Rechte der betroffenen Frauen und konkrete Hilfe kümmert, ist das International Council of Polish womenx. Sie haben auf Facebook einen Spendenaufruf für SEMA Ukraine veröffentlicht: 

https://www.facebook.com/polonijnaradakobiet/videos/2635460896598896/

Website: https://www.semanetwork.org/network-members-ukraine/

Link zum Spenden: https://zrzutka.pl/en/support-sema-ukraine?fbclid=IwAR1oA5CUoYXfU8_PRoxBIoAHIC5JBhZ5Bh5AbRX9vbKCDhObsWJfQejcCYg

Abortion without Borders hilft Frauen grenzüberschreitend in Europa: https://abortion.eu

femino teka hilft in Polen (Es gibt auch eine Seite auf Ukrainisch): http://feminoteka.pl

In Berlin bietet das Familienplanungszentrum Balance seit Mitte März gynäkologische Versorgung bei Konfliktschwangerschaften und Beratung für geflüchtete Mädchen und Frauen aus der Ukraine an: 

https://www.fpz-berlin.de

Auch das queer-feministische Kollektiv dziewuchyberlin.org engagiert sich für die betroffenen Frauen.

Das Pressereferat des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland antwortete auf meine Frage zum Thema: “Das Auswärtige Amt unterstützt (…)internationale Monitoring Mechanismen wie zum Beispiel das OSCE Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR) oder die OHCHR Human Rights Monitoring Mission in Ukraine, die bereits Vorwürfe sexueller Gewalt in der Ukraine untersucht. Weiterhin unterstützt das Auswärtige Amt über die Mukwege Stiftung u.a. das bestehende Netzwerk von Überlebenden konfliktbezogener sexueller Gewalt „SEMA Ukraine“, das seit 2014 sexuelle Gewalttaten durch pro-russische Separatisten in der Region Donbas anprangert und Überlebende unterstützt.” Eine konkrete Bezugnahme auf das Recht auf Abtreibung fehlt in der Stellungnahme.

Liebe Leserinnen, bitte helft mit, das Recht der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung, auf ärztlich betreuten Schwangerschaftsabbruch und auf psychologische Beratung zu verwirklichen. Durch Spenden an die o.g. Organisationen, dadurch, dass ihr dem Thema mehr Aufmerksamkeit verschafft und dadurch, Informationen und Hilfsangebote zu sammeln. Ich werde dieses Blitzlicht kontinuierlich um weitere Informationen/Spendenaufrufe/Hilfsangebote ergänzen, von denen ich erfahre, und wäre auch sehr froh, wenn eine, die sich hierzu besser auskennt als ich, einen ausführlicheren Text zu dem Thema für bzw schreiben würde.  

Hier noch ein Link zu einem Text, der die Situation in Polen beschreibt (Englisch):

https://www.thequint.com/amp/story/news/world/ukraines-women-refugees-trauma-rape-trafficking-polands-sexist-laws#read-more

Autorin: Jutta Pivecka
Eingestellt am: 02.05.2022
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Kommentare zu diesem Beitrag

  • Brigitte Leyh sagt:

    Wahnsinn! Danke für diesen wichtigen Hinweis! Ich schicke Geld

  • doris schäfer sagt:

    Ich würde auch gerne spenden! und bitte um eine Empfehlung, wohin am besten!?

  • Jutta Pivecka sagt:

    Liebe Doris, ich kann die verschiedenen Hilfsorganisationen nicht in eine Rangliste bringen. Direkten Kontakt hatte ich bei der Recherche mit dziewuchyberlin.org und mit einer Frau vom International Council of Polish womenx. Sie haben mir die Links empfohlen. Ich selbst habe für Sema Ukraine gespendet, weil es über Paypal für mich am einfachsten abzuwickeln war: https://zrzutka.pl/en/support-sema-ukraine?fbclid=IwAR1oA5CUoYXfU8_PRoxBIoAHIC5JBhZ5Bh5AbRX9vbKCDhObsWJfQejcCYg (siehe auch im Artikel).

  • Jutta Pivecka sagt:

    Gerade kommt die Nachricht, dass der Supreme Court in den USA wahrscheinlich das Recht auf Abtreibung suspendieren wird. Das ist schrecklich. Es zeigt, dass mühsam erkämpfte Menschenrechte für Frauen überall wieder zur Disposition gestellt werden können.
    Ich möchte hier deshalb noch einmal kurz darlegen, warum mir das Recht auf Abtreibung ein so wichtiges Menschenrecht ist. (Und ich gebe zu, dass ich das selbst erst wirklich verstanden habe, als ich schwanger war.) Diejenigen, die Frauen dieses Recht bestreiten, stellen von Anfang an die falsche Frage. Sie glauben, es gehe darum, ob die Frau ein/das Kind will. Aber diese Frage steht zunächst mal gar nicht im Raum. Es geht vielmehr darum, ob die Frau in dieser Situation, in dieser Zeit, an diesem Ort schwanger sein will. Und wenn sie das in dieser Situation, in dieser Zeit, an diesem Ort nicht will, dann ist es Folter, sie durch diese 9 Monate zu zwingen. Nichts anderes.
    Und deshalb gilt: Das Recht auf Abtreibung ist Menschenrecht!

  • Jutta Pivecka sagt:

    Morgen, am 5.5.2022 um 11.00 Uhr, findet eine online-Diskussion des Zentrums für liberale Moderne statt: https://ukraineverstehen.de/online-diskussion-vergewaltigung-als-kriegswaffe/
    (Ich kann leider nicht teilnehmen, da ich zu dieser Zeit arbeite, aber vielleicht mag ja die eine oder andere reinhören/teilnehmen – und eventuell sogar darüber schreiben???)

  • Rachel sagt:

    Danke, Jutta, für diese Liste! Ich habe sie sogar schon an ein paar Leute in den USA weitergegeben, wo das Thema Abtreibung ja jetzt auch sehr akut ist (zumindest auch für privilegiertere weiße Frauen, ärmere Menschen, besonders Schwarze Menschen und Menschen of Color hatten das Recht schon lange nicht mehr…).

    Wer Menschen in den USA kennt: Am 14. Mai 2022 sind Aktionen geplant. Siehe: https://riseup4abortionrights.org/

  • Sandra Divina Laupper sagt:

    Liebe Jutta!
    Das Thema “Verbrechen gegen die Menschheit” und “Kriegsverbrechen” ist ein Thema, das mir sehr nahe geht, da wir in unserer Frauengruppe Baubò in Brixen schon seit einigen Jahren politische Praktiken entwickelt haben und auch regelmäßig pflegen, um uns dem Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus bzw. des Nazifaschismus (in Italien) zu widmen. Wir schränken uns dabei bewusst auf die Opfer der Kriegsverbrechen, der gewaltsamen politischen Repression und der Verbrechen gegen die Menschheit ein, um den Menschen, die diese Art von Unrecht erfahren haben, das wiederzugeben, was ihnen mit diesen Verbrechen genommen werden sollte: ihre Würde.
    Es gibt Kriegsverbrechen (dabei handelt es sich um Verstöße gegen das internationale Kriegsrecht, wie es zum ersten Mal um 1900 in Genf festgelegt wurde; z. B. ist die Erschließung von Zivilisten im Krieg ein Kriegsverbrechen) und es gibt Verbrechen gegen die Menschheit, wie z. B. die Verfolgung und Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg. Es gibt keine “Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. Hannah Arendt hat einmal zu Recht diese Ausdrucksweise zurückgewiesen mit dem Argument, dass es nicht etwa irgendwelche “menschlichen Gefühle” sind, die im Verlauf der Schoah verletzt wurden, sondern die Menschheit als ganze wurde verletzt, indem einem Teil der Menschheit schlicht auf Grund der jeweiligen Herkunft die Menschenwürde abgesprochen wurde.
    Ich gehe davon aus, dass es sich beim Einsatz von Massenvergewaltigungen als Kriegswaffe um ein Kriegsverbrechen handelt. Unter anderem ist m. E. auch die korrekte Terminologie wichtig, um den Opfern unseren Respekt zu erweisen.
    Liebe Grüße, Sandra

  • Jutta Pivecka sagt:

    Liebe Sandra, es handelt sich bei der Formulierung um eine Übersetzung des Vortrags vor der UN aus dem Englischen, in dem von “crimes against humanity” gesprochen wurde. Ich finde das Argument von Hannah Arendt, das Du anführst, überzeugend und werde in Zukunft auch die Übersetzung “Menschheit” . vorziehen. Vielen Dank für den Hinweis.

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