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Unterwegs mit einem Plakat über die Weisheit der Frauen

Von Antje Schrupp

Heidi Malzacher aus Stuttgart hat ein Plakat an ihrem Einkaufswagen befestigt, auf dem steht „Unsere Welt braucht die Weisheit der Frauen“. Darüber kommt sie mit vielen Menschen in interessante Gespräche, auch mit Männern. Antje Schrupp hat sie zu ihren Erfahrungen befragt.

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Heidi, du hast mir als Antwort auf meinen letzten Newsletter von deinem Plakat geschrieben, das fand ich interessant. Seit wann hast du das dabei?

Ungefähr seit einem halben Jahr.

Wie bist du auf die Idee gekommen?

Davor gab es auch schon andere Texte, das ist einfach bei mir so. Ich habe immer etwas mitzuteilen. Ich war auch schon jahrelang bei der Montagsdemo, und da gab es jedes Mal ein neues Plakat, und ich habe Gedichte geschrieben. Und dahinter stand immer mein Frausein!  

Es geht also immer auch um das Thema Frauen, das ist mir eine Herzensangelegenheit. Den Frauen hat man vieles genommen – vor allem die Kirche – und das führt uns immer weiter in den Abgrund. Und gerade in der jetzigen Zeit, wo vieles mehr und mehr zerstört wird, ist es umso wichtiger, auf die „Weisheit der Frauen“ hinzuweisen, und erst einmal zum Nachdenken anzuregen.

Wohin gehst du mit deinem Wagen?

Ich habe kein Auto. Die meisten Termine, die ich habe, viele auch durch mein Ehrenamt, verbinde ich mit irgendwelchen Einkäufen oder Besorgungen, und da brauche ich meinen Einkaufswagen – also er ist meistens dabei. Dann habe ich meinen Liebsten in Kornwestheim, den ich natürlich auch oft besuche. Da muss ich mit der S-Bahn und mit dem Bus fahren, da gibt es dann Gepäck – also brauche ich meinen Wagen. Ja und so zeige ich auf Schritt und Tritt, was wir so dringend brauchen. Und das ist sehr spannend, interessant und schön und aufschlussreich. Ich habe die interessantesten Gespräche an meinem Einkaufswagen. Viele Männer sind dabei, junge und alte. Und mit den Männern habe ich die ausführlichsten Gespräche.

Welche Reaktionen hast du schon erlebt?

Wenn ich so in der S-Bahn sitze, steht mein Wagen neben mir. Ich stelle ihn natürlich so hin, dass die vorbeilaufenden Menschen meine Botschaft lesen können. Da bleibt dann so manche Frau stehen, oder sie setzt sich dann zu mir, und wir kommen ins Gespräch – und da haben wir dann auch die Zeit, uns darüber auszulassen. Es ist immer wieder schön und interessant.

Einmal hat mich ein Mann auf dem Bahnsteig angesprochen, als ich auf die S-Bahn gewartet habe. Er sagte mir, er sei freier Journalist, und würde sehr gerne dazu etwas auf den Weg bringen. Wir haben lange gesprochen. Er machte dann noch ein paar Fotos – dann kam meine S-Bahn! Ich weiß jetzt nicht, ob er etwas geschrieben hat, und wo das gelandet ist.

Vor ein paar Tagen kam ein Mann ganz aufgeregt aus einer Hofeinfahrt heraus, er hatte mein Plakat aus dem Auto heraus gelesen und wollte jetzt unbedingt mit mir darüber reden. Es war interessant, wie wir uns begegnet sind. Er hatte schon die Bedenken, dass ich gegen das Männliche bin. Aber ich konnte ihm zu verstehen geben, dass es darum nicht geht, und zum Schluss waren wir uns einig, dass der Ausgleich vom Männlichen und dem Weiblichen fehlt. 

Vor kurzem hat ein alter Mann auf mich eingeredet. Er konnte nicht mehr alleine unterwegs sein und hatte eine Frau, die ihm half, dabei. Er war so aufgeregt und wollte gar nicht mehr weitergehen. Er hat mit seinem Auftreten alles bestätigt, was ich gesagt habe. Die Frau sagte nichts dazu, ihr war es wahrscheinlich peinlich.

Oder ich stehe an der Ampel an der Straße, plötzlich kommt ein Hupen, eine Frau hat an ihrem Auto das Fenster heruntergekurbelt, und fragt mich, ob sie ein Foto machen darf. Natürlich darf sie das auch – und dann wird die Ampel grün, und die Autos hinter ihr fangen an zu hupen.

Zu einem bestimmten Thema hatte ich Angelika Aliti aus Österreich von meinem Plakat geschrieben und auch ein Foto geschickt. Sie hat das dann auch auf ihrer Homepage gezeigt. Am nächsten Tag meldete sich eine Frau aus Stuttgart bei mir. Sie hatte mich schon ein paar Mal gesehen, und nun erfährt sie aus Österreich, wer ich bin!

Reagieren viele Leute oder nur manche?

Ich schätze mal, dass etwa ein Drittel reagiert. Natürlich reagieren nicht alle Leute, viele Leute sind mit ganz anderen Gedanken unterwegs oder haben das Handy vor den Augen, da kommt dann natürlich nichts. Manche schauen mich auch nur an, manchmal mit einem fragenden Ausdruck, manche haben ein Lächeln im Gesicht, manche heben den Zeigefinger, manche schütteln den Kopf.

Reagieren eher Frauen oder eher Männer?

Ich muss sagen, dass Männer häufiger reagieren, auf jeden Fall sind ihre Reaktionen sehr emotionsvoll. Das hat mich eigentlich immer gewundert. Frauen sind da etwas vorsichtiger, ihre Meinung kundzutun. Ich versuche dann meistens, ins Gespräch zu kommen. Das ist für mich immer wieder ganz wichtig – ins Gespräch zu kommen! „Dann lasst uns den Weg gemeinsam gehen” ist dann mein Abschluss-Satz.

Bekommst du auch negative Reaktionen?

Etwas extrem Negatives habe ich noch nicht erlebt, ich konnte immer einen guten Weg finden.  

Ich bin eben auch gerne mit diesem lebensnotwendigen Thema unterwegs. Ich bin positiv eingestellt und freue mich über jedes Gespräch. Ich weiß auch, wie wichtig persönliche Gespräche sind, das habe ich in jahrelanger ehrenamtlicher Arbeit gelernt, und dafür habe ich auch schon die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten!

Autorin: Antje Schrupp
Eingestellt am: 12.11.2022

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