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Rubrik Blitzlicht

2:1 – Stopp Hate Speech

Von Heike Brunner

Schluss mit Verunglimpfung von Frauen im Netz (und anderswo)

Das Urteil des OLG Köln6/20: Verunglimpfung von Frauen erfüllt den Strafbestand §130 Volksverhetzung

Das OLG Köln hat’s geläutet: Die pauschale Verunglimpfung von Frauen ist strafbar und fällt seit Juni 2020 unter den Tatbestand der Volksverhetzung, §130 StGB. 

Ab sofort gelten Behauptungen, Frauen seien „Menschen zweiter Klasse“, „minderwertige Menschen“ und „den Tieren näher stehend“, als pauschalisierte Verunglimpfung und als Tatbestand der Volksverhetzung. Genau über diese Worte, die auf einer Webseite veröffentlicht waren, wurde zuvor im Landgericht Bonn verhandelt und zunächst eine Strafe wegen Volksverhetzung verhängt. Im Berufungsverfahren wurde der Angeklagte, aus “Rechtsgründen”, wieder freigesprochen.

2:1 – Die Revison räumt auf

Eigentlich unfassbar, dass es dazu überhaupt eine Revision benötigte, aber was nun genau unter Volksverhetzung fiele und ob da die Mehrzahl einer Bevölkerungsgruppe (Frauen) mit gemeint sein könnte, musste das OLG Köln auf Antrag der Staatsanwaltschaft neu betrachten. Und siehe da, Schluss mit den Herabwürdigungen, Schluss mit Hassreden gegen Frauen im Netz, auf Blogs und Homepages, etc-pp..

Wenn Frauen unter Missachtung des Gleichheitssatzes als unterwertig dargestellt werden und ihre Menschenwürde angegriffen werde, sei davon auszugehen, dass sich der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt habe, so nun die Urteilsbegründung des OLG.

Sicherlich fraglich und kein lobenswertes Signal, dass die Mehrheit einer Gesellschaft auf diese Weise geschützt werden muss, aber die gesellschaftliche Realität lebt patriarchal und in diesem Kontext ist dieses Urteil überlebenswichtig. Denn erst kommt der Gedanke, dann das Wort, dann die Tat. Geschriebene Worte wirken zudem noch viel stärker in uns als gesprochene. Steht so etwas erst mal schwarz auf weiß da, ist die Legitimation und Hinführung schnell geschaffen, so etwas als “normalen Wortlaut” zu akzeptieren. (Siehe auch Artikel zur Etablierung/Konstruktion des Gutmenschen als Negativ-Begriff ) Was aus Hetze und Hass entsteht, wissen wir sehr gut. Die Gewalt gegen Frauen steigt und steigt seit Jahren, der Mord an Frauen hat einen Namen erhalten: Femizid. Die Hetze im Netz gegen Frauen hatte bisher freien Lauf.

Dieser Richterspruch kann, aktiv angewandt, mit dazu beitragen, die Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Im Grunde ist es traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, die solch ein Urteil nötig hat, um ihren Frauenhass zur Räson zu bringen, aber es ist gut zu wissen, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der solche Urteile möglich sind.

Quelle

http://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseOLGs/15_06_2020_/index.php?cookie-agree=-1 5-7-9.42

Autorin: Heike Brunner
Redakteurin: Heike Brunner
Eingestellt am: 05.07.2020
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Kommentare zu diesem Beitrag

  • Elanne sagt:

    Dankbar für das Urteil, gerade jetzt… immer wieder müssen wir auch Frauen in die Schranken weisen, die sagen, Frauen sind noch schlimmer als Männer!Das unterstützt und rechtfertigt wieder Gewalt gegen uns.

  • Gudrun Nositschka sagt:

    Danke Heike Brunner für Deine klare Kommentierung des Urteils.Ja, Schluss mit der Herabwürdigung von Frauen.

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